Mein Sommer „off the grid“, Teil 3: Hidden Paradise

Ein verstecktes Paradies

Die Alpujarras hatten immer etwas Mythisches für mich. Geschichtlich begegneten sie mir durch meinen Beruf als Reiseleiterin in Andalusien. Die sagenumwobene Region, in der sich die letzten Mauren vor den Katholiken versteckten. Sie waren es, die diese Region fruchtbar machten. Sie bauten Terrassen und Bewässerungssysteme in die Ausläufer der Sierra Nevada. Bis heute sind diese sichtbar und prägen das Bild der Alpujarras. Letzten Sommer fuhr ich zu meinem ersten Schweigeseminar, in die Alpujarras ins Hidden Paradies.

Das Zentrum liegt am Berg, wie es für diese Region typisch ist. Hier haben Julia & Rupert über 20 Jahre Stück für Stück Land gekauft. Sie haben sich ein eigenes kleines Paradies geschaffen und das komplett „off the grid“. Nach und nach haben sie hier Wohnhäuser gebaut, immer mit Rücksicht auf die natürliche Umgebung. Die Krönung sind natürlich die Baumhäuser. Ein befreundeter Künstler hat das Grundstück mit riesigen geschnitzten Blumen aus Holz geschmückt. Jeder Wasserlauf, jede Ecke ist mit Liebe dekoriert. Die beiden runden Seminarhäuser bieten den schönsten Ausblick auf die andere Seite des Berges. Nichts ist hier dem Zufall überlassen, auch wenn alles so natürlich aussieht.

Im Einklang mit der Natur, so stelle ich mir das vor

Wie alles begann

Die „Hippies“ wohnten unten am Fluss, dort sind auch Julia & Rupert damals angekommen. Eine kleine Kommune mit dem Namen „El Beneficio“ hatte sich an der rechten Flussseite niedergelassen. Die Prinzipien waren ganz klar: Das Gemeinwohl und das Leben im Einklang mit der Natur. Julia & Rupert waren mit ihrem Tipi-Zelt schon fast zu „zivilisiert“. „Sogar das Abbrechen eines Halmes wurde nicht toleriert“, so ein ehemaliges Mitglied der Gemeinschaft. Heute fährt er einen 4×4 und führt Wanderer durch die Alpujarras. Auch er wohnt nicht mehr am Fluss, sondern in einem ehemals verlassenen Dorf, in einem Haus.
Ich bin sehr froh einige Personen aus der „Ursprungsfamilie“ kennen gelernt zu haben. Das sind die „Hippies“, wie ich sie mir immer vorgestellt habe. Ich selber bezeichne mich als „Yoga-Hippie“. Das bedeutet für mich, dass ich die Werte des Yogas übernehme und in meiner Freiheit die des anderen akzeptiere. Ich mag die Idee der Gemeinschaft und des Nicht-Konsumierens.
Julia & Rupert zogen mit der Zeit nach oben und bauten sich ein eigenes Paradies oberhalb „El Beneficio“. Dort haben sie auch ihren Sohn groß gezogen. Sie haben sich viel Zeit gelassen und alles natürlich wachsen lassen. Stück für Stück haben sie das Land gekauft und immer wieder neue Wohnhäuser gebaut. Sie haben eine nahezu unabhängige Infrastruktur entwickelt.

Wasser

Bevorzugt durch das gute Quellwasser der Region sind sie unabhängig vom Wassernetz. Lanjaron, die Wasserabfüllung der gleichnamigen Wassermarke, liegt direkt auf der anderen Seite des Berges. Das Wasser ist trinkbar und versorgt das ganze Retreat. Häuser, Pools und Pflanzen werden von der Naturquelle gespeist. Damit all dies reibungslos verläuft, gibt es einige Regeln zu beachten. So sollte man vor der Benutzung des Pools z.B. duschen, weil nur minimal Chlor verwendet wird. Was für eine Wohltat für die Haut in so einem Naturpool zu schwimmen.

Toiletten

Die Toiletten sollten nur für „poo“ benutzt, bzw. gespült werden. Die Schilder „let wee be, let poo go through“ machen es klar. Auch im „Hidden Paradise“ wird man darum gebeten, „der Natur das Wasser zurück zu geben“. Das ist einfach, da es ein großes Gebiet ist. Man findet genügend Möglichkeiten dafür. Man hat immer die Wahl zwischen der Natur, einer Kompost- oder einer herkömmlichen Porzellan-Toilette. Auch hier hat es nirgendwo schlecht gerochen. Ob das an der guten Küche liegt?

Nachhaltige Küche

Im „Hidden Paradise“ wird Lacto-Ovo-Vegetarisch gekocht. Wobei auf Unverträglichkeit oder Allergie von Weizen Rücksicht genommen wird. Bis auf ein Brot am Morgen oder mal ein Muffin war das Essen immer ohne Weizenprodukte zubereitet. Vegan war auch kein Problem. Die Milchprodukte waren einfach weg zu lassen. Zudem sind die verwendeten Produkte so nachhaltig wie möglich. Eier, Ziegenmilch und Käse kommen aus Kleinbetrieben der näheren Umgebung. Insgesamt ist da Essen ein Traum, Julia`s & Rupert´s Sohn ist ein begnadeter Koch. Nachhaltigkeit wird nicht nur beim Einkauf groß geschrieben. Auch die Verarbeitung der Lebensmittel soll so wenig Abfall wie möglich produzieren. Vielleicht wird es bald das erste „Reste-Kochbuch“ geben, ein Projekt von Julia und ihrem Sohn.

Die Früchte des Landes

Es gibt einen Gemüsegarten in dem z.B. Salat, Tomaten, Auberginen, Bohnen und Zucchini angebaut werden. Je nach Jahreszeit gibt es unterschiedliches Gemüse, Früchte und Nüsse. Auf dem Gelände selber gibt es Mandel-, Mango-, Feigen- und meine geliebten Maulbeer-Bäume. Das nenne ich „im Einklang“ mit der Natur leben. Es ist ein Luxus seine eigenen Obst- und Nuss-Bäume zu haben.

Elektrizität

Jedes Gebäude ist mit Solarpanelen ausgestattet. Damit gibt es genug Strom für Licht, Internet, Kühlschränke, Herd und Wasserpumpen. Nachts sind die Wege mit LED-Lichtern beleuchtet, die tagsüber Sonnenlicht speichern. Doch das schönste Licht ist immer noch tagsüber die Sonne so wie das Stern- und Mond-Licht in der Nacht. Gerade in der Natur richten sich die Schlafzeiten immer noch nach dem natürlichen Licht. Die ersten Aktivitäten beginnen morgens mit dem Sonnenaufgang.
Nachts ist es herrlich still und man kann nur das Zirpen der Grillen hören. Ab und an hört man auch mal ein Tier. Es gibt Esel in der Nähe. Generell ist es aber eher ruhig und man fühlt sich auch nicht beobachtet. Obwohl es direkte Nachbarn gibt, sieht und hört man sie in der Regel nicht. Gerade durch diese Stille ist man sich der Geräuschkulisse ja noch bewusster.

Der Traum auf dem Land zu leben

Das „Hidden Paradise“ ist für mich die Perfektion des Lebens auf dem Lande als Retreat-Center. Hier haben zwei Menschen mit ihren Ideen, der Liebe zur Natur und ihren eigenen Händen ein Paradies erschaffen, dass Nachhaltigkeit groß schreibt. Damit ermöglichen sie den Besuchern die Ursprungswerte ihrer Lebens-Gemeinschaft zu vermitteln. Sie teilen ihr Leben mit dem der Besucher.

Man spürt die Liebe in jedem Detail.

Seit ungefähr zwei Jahren betreiben sie das Retreat und sind fast immer ein Jahr im voraus ausgebucht.
Ich bin so begeistert von dem Ort, dass ich Julia & Rupert gefragt habe, ob sie nicht mal selber ein Retreat anbieten wollen. Julia hat früher in einer Band gesungen und kam gleich mit einer Idee: 24 Stunden Kirtan. Das wäre was! Ich würde mich sehr freuen, diesen Ort noch öfter besuchen zu können. Am liebsten um dort Mantra-Singen & Kirtan zu geben. Der Gedanke ist bereits da, jetzt muss ich nur noch warten bis es Wirklichkeit wird. So wie ich es in meinem ersten Blogeintrag ja beschrieben habe.

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